„Neunter gegen Zehnten“ mag die Zuschauer nicht in Massen locken, „Ost-Derby unter Flutlicht“ schon eher. Zwei unterschiedliche Verpackungen, in denen das selbe drin ist: Denn am Donnerstagabend empfing der Chemnitzer FC den FC Rot-Weiß Erfurt. Aber was steckte wirklich drin, Langweiler oder Kassenschlager?
CFC und RWE, zwei Rivalen gleichauf
150 Kilometer liegen zwischen den Stadien beider Kontrahenten. Das dehnt die Auslegung „Derby“. In Liga 3 lebt die Rivalität aber neu auf, man geht in die fünfte gemeinsame Saison. In den letzten zwei Spielzeiten konnte stets die Heimmannschaft die Partie für sich entscheiden. Zuletzt siegte im April Chemnitz mit 2:1. Im historischen Vergleich liegen die Himmelblauen allerdings zurück: Von bisher 75 Begegnungen – Vorläufervereine einbezogen – gewannen die Erfurter 29, die Karl-Marx-Städter bzw. Chemnitzer nur 24; 22-mal teilte man sich die Punkte.
Auch in der jüngeren Vergangenheit trennt die Kontrahenten nicht viel. Und man kann das Argument anbringen, Erfurt hat auch da die Nase leicht vorn. Chemnitz gewann Mitte der Englischen Woche daheim gegen Stuttgart II (2:1). Auswärts verlor der CFC zu Beginn in Großaspach (4:2) und punktete zum Abschluss in Würzburg (1:1). Spielerisch überzeugten die Himmelblauen selten, haderten bei der Niederlage mit dem Schiedsrichter. Vom Publikum kassierte man Pfiffe. So richtig in Tritt kam der CFC den September hindurch nicht. Wenigstens zeigte die Tendenz nach drei Niederlagen in Folge nun wieder leicht nach oben.
Erfurt fand sich nach dem Saisonauftakt zunächst im Tabellenkeller wieder. Mit Dresden, Münster und Großaspach hatte es der Spielplan aber auch nicht gut gemeint mit Rot-Weiß. Den September über glich sich das etwas aus. Aus der Englischen Woche konnte man sechs Punkte mitnehmen: Die Heimspiele gegen Mainz II (3:0) und Bremen II (2:1) gewann man; in Halle (2:1) musste man sich allerdings geschlagen geben. In der Tabelle hat sich Erfurt nun an Chemnitz bis auf zwei Punkte heran gerobbt, könnte mit einem Sieg also am Rivalen vorbeiziehen. Die Gastgeber würden in dem Falle den Anschluss an die Verfolgergruppe abreißen lassen.
CFC zu vorsichtig, Kampf statt Glanz
Karsten Heine ließ in seiner Aufstellung der Himmelblauen dann auch Vorsicht walten. Im Vergleich zum Spiel in Würzburg nahm er Conrad, Cecen und Ofosu raus. Kehl-Gomez, Danneberg und Cincotta rutschten in die Startelf. Damit stellte Heine vom gewohnten 4-2-3-1 auf ein 4-4-2 um. Die Außenbahnen waren nicht mehr mit gelernten Flügelspielern besetzt – Ofosu, Cappek, Dartsch und Türpitz saßen allesamt auf der Bank – sondern mit Nandzik/Cincotta links und Kehl-Gomez/Stenzel rechts die wohl insgesamt defensivste aller möglichen Varianten. Zumindest der wieder genesene Löning sollte für offensive Akzente sorgen, ersetzte den angeschlagenen Ronny König.
An dieser Vorsicht, die auch bei Erfurt waltete, litt die erste Halbzeit. Knapp 20 Minuten mussten die 6.897 Zuschauer warten, um die erste „Drangphase“ des CFC zu erleben. Das Pressing funktionierte, sodass man die Gäste erstmals in deren Hälfte festpinnen konnte. Resultat waren mehrere Ecken; über die zweiten Bälle näherte man sich dem Gehäuse der Erfurter. Wirklich gefährlich wurde das allerdings auch nur bei einem Schuss von Nandzik. Standards sollten auf beiden Seiten weiter ein beliebtes Mittel bleiben.
Spielerisch lief beim CFC wenig zusammen. Ernüchternd wenig im Vergleich noch zum Saisonbeginn. Das ist sicherlich den Ausfällen und Umstellungen im zentralen Mittelfeld geschuldet. Die Spielanlage sah dann häufig weitgestellte Innenverteidiger, die den langen Ball schlugen. Dem und Danneberg boten sich kaum an oder ließen sich in die letzte Reihe fallen.
In Halbzeit eins neutralisierten sich beide Mannschaften ob der ähnlichen Spielanlage über weite Strecken. Für Überzahlsituationen zugunsten der Gastgeber sollten die Außenverteidiger sorgen, die weit aufrückten. Da Erfurt aber massiv in der eigenen Hälfte stand, verengte das die Räume nur noch mehr. Zeitweise versammelten sich neun Feldspieler von Rot-Weiß im eigenen Strafraum. So blieb nur der Querpass und das Suchen nach Lücken zum Abschluss. Erfurt sorgte seinerseits nur selten für Entlastung, Flanken aus dem Halbfeld waren für die Chemnitzer Innenverteidigung leicht zu klären. In der Zentrale vor dem Strafraum behielten die Himmelblauen genrell die Kopfballhoheit.
Drei Ecken = ein Elfer, einer statt drei Punkten
Die Teams kamen mit mehr Tempo aus den Kabinen. Nur ein rechter Spielfluss wollte sich nicht einstellen. Im besten Falle wurde für Ecken unterbrochen, zumeist aber wegen Nicklichkeiten im Niemandsland des Spielfelds. So auch nach gut einer Stunde: Höcher schlägt einen Erfurter Freistoß aus dem linken Halbfeld, der Ball segelt für Kunz unangenehm durch den Strafraum und schlägt im langen Eck zum 0:1 ein. Eine weitere Standardsituation sorgte nur wenig später für den Ausgleich: Löning per Strafstoß! Bereits der dritte Elfer für Chemnitz in dieser Saison. Fink tritt als Gefoulter nicht selber an, überlässt für Rückkehrer Löning. Überhaupt Löning, bis dahin kaum im Chemnitzer Spiel eingebunden, ging immer wieder weite Wege auch tief in die eigene Hälfte zurück, um sich anzubieten und mal ein paar Ballkontakte zu sammeln. Direkt nach seinem Ausgleich taucht er wieder frei vor dem Tor auf, weil er endlich mal in Szene gesetzt und steil geschickt wurde.
Karsten Heine wechselte durch und brachte frische Offensivkräfte, eben jene Flügelspieler Türpitz, Cappek und Ofosu. Chemnitz drückte auf den Führungstreffer, während Erfurt sich wohl mit dem Punkt eher begnügt hätte. Die beste Phase im Spiel, da vielleicht die flüssigste. Mehr als ein paar Distanzschüsse sprangen allerdings auf beiden Seiten nicht mehr heraus.
Karsten Heine in der Pressekonferenz nach dem Spiel: „Mit der Leistung bin ich zufrieden, mit dem Ergebnis nicht. Wir hätten eigentlich als Sieger vom Platz gehen müssen und haben mindestens ein Tor zu wenig geschossen.“ Auffallend häufig ist das in dieser Spielzeit schon die Lesart nach den Partien des CFC. Im Mai wird abgerechnet. Da fragt keiner mehr, wie die Punkte im Oktober zustande kamen. Aber man muss sie dann auch auf der Endabrechnung stehen haben. Hier wäre wieder einmal mehr drin gewesen für die Himmelblauen: in der ersten Halbzeit zu behäbig, in der zweiten die Chancen nicht genutzt.
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