Derby-Niederlage. Fan-Boykott. Reaktion-Zeigen-Wollen-und-Müssen. Zwei Wochen Vorbereitung. Und mit Anpfiff kannst du alles auf Grund des Wetters über den Haufen werfen.
Noch beim Verlassen des Stadions vor zwei Wochen reifte bei mir der Entschluss, auch dem nächsten Spiel live beizuwohnen. Die Reaktion der Mannschaft nach dem 1:2 gegen Aue wäre bestimmt interessant. Kurz vor Erreichen der Wiese fing es dann an zu schneien. Ungemütlich. Und das Spiel passte sich an.
Doch der Reihe nach. Fortuna kam mit der Empfehlung von vier ungeschlagenen Spielen in Folge nach Chemnitz. Das ist darum nennenswert, da die Kölner Anfang Oktober noch Tabellenletzter waren. Siege in Erfurt und gegen die Zweiten Mannschaften von Mainz und Bremen folgten, zwischendrin ein 1:1 in Halle. So stand Köln vor der Begegnung in Chemnitz nur einen Platz hinter den Gastgebern. Eine weitere Parallele zwischen den Teams scheint die Abhängigkeit vom Goalgetter zu sein: Anton Fink war mit bislang 9 von 19 Toren Chemnitz’ Lebensversicherung. Bei den Kölnern machte Marco Königs 8 von 23 Buden. In beiden Vereinen hat niemand sonst mehr als zwei Treffer erzielt.
Chemnitz und Fortuna je mit drei Wechseln
Chemnitz hatte am vergangenen Wochenende spielfrei. Zwar wurde landesweit das Viertelfinale im Sachsenpokal ausgespielt. Der CFC war bereits in der Runde zuvor bei Dynamo Dresden ausgeschieden. Auf der einen Seite hatte man somit zwei Wochen Zeit, sich auf Köln vorzubereiten. Auf der anderen fehlte die Möglichkeit, schnell eine Reaktion auf die Derby-Niederlage zu zeigen.
Fortuna blieb hingegen im Rhythmus, siegte im Mittelrhein-Pokal 3:0 beim FC Hürth. Trainer Uwe Koschinat stellte seine Elf im Vergleich zum letzten Ligaspiel in Bremen auf drei Positionen um: Pazurek, Yilmaz, Souza kamen für Engelman, Bender und Schröder.
Beim CFC war Frank Löning wieder fit, nahm auch gleich seine Position als einzige Spitze ein. Dafür verletzten sich Cappek und Endres in den vergangenen Wochen; beide am Sprunggelenk. Röseler bildete mit Conrad die Innenverteidigung. Stenzel rückte auf der rechten Bahn nach hinten. Marco Kehl-Gomez war das Bauernopfer nach der schwachen Partie gegen Aue. Vor der Abwehr bildeten Kaffenberger und Dem wieder die Doppelsechs. Die offensive Dreierreihe – hinter Löning – füllten Cincotta, Fink und Dartsch.
Wintereinbruch in Chemnitz mit perfektem Timing
Was immer man sich auf Seiten der Chemnitzer in den zwei Wochen vorgenommen, taktisch zurecht gelegt hatte; das Wetter warf es über den Haufen. 15 Minuten vor Spielbeginn passierte ich den Einlass. Wie erwähnt fing es da gerade erst an zu schneien, wahrscheinlich zeitgleich mit Ende des Aufwärmens. Fünf Minuten später schlug mir auf dem Weg in den Block der Hagel ins Gesicht. Perfektes Timing.
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Einlauf der Mannschaften, irgendwo im Schneegestöber.
Beide Mannschaften hatten natürlich zunächst mit der Witterung zu kämpfen. Köln fand sich schneller zurecht, drängte die Gastgeber nach hinten. Köln verschob auf dem Untergrund besser als Einheit. Damit gerieten ballführende Fortunen mehrfach hinter die Reihe Dem/Kaffenberger. Dort bot sich viel Platz, da Conrad und Röseler auf dem Untergrund nicht schnell genug rauskamen. Yilmaz fand so mit einem Traumpass durch die Lücke zwischen Dem und Conrad den einlaufenden Andersen (3′). Dessen Abschluss war zu ungenau. Auf der anderen Seite war Löning nach einem langen Zuspiel auf völlig verlorenem Posten, verlor gegen drei Kölner den Ball. Niemand war mit rausgerückt.
Das Spiel lässt sich nicht wie gewohnt beschreiben bzw. analysieren. Es gab wenig Spielfluss, was natürlich dem Wetter geschuldet war. Trotzdem ließen sich einige Gesetzmäßigkeiten und Muster erkennen. Gegen den Ball agierten beide Mannschaften im 4-4-2. Nach einer knappen Viertelstunde trauten sich die Chemnitzer damit auch etwas weiter vor, pressten mit drei, vier Angreifern bis zu Torwart Poggenborg. Köln löste die Situation spielerisch, konterte. Nun war Chemnitz in der Rückwärtsbewegung gefordert und wieder zeigte sich das langsamere Verschieben. Conrad klärte eine Hereingabe von Souza in letzter Sekunde (13′). Kölns Taktik war dann simpel: hohe Bälle auf den Brecher Königs. Der verteilte gut, die Mitspieler kamen mit Tempo aus der zweiten Reihe, stellten damit die Verteidiger vor Probleme. So z.B. Souza der nach einer Ablage von Königs auf Stenzel zulief und eine Ecke erzwang (17′).
Im direkten Gegenzug wurde auch Chemnitz’ Herangehensweise sichtbar. Man setzte trotz des anhaltenden Schneefalls auf Kurzpassspiel. In dieser Situation hatte das Rausrücken besser funktioniert, die Gastgeber mal mit fünf Mann vorne. Cincotta schleppte den Ball, fand auf rechts Dartsch. Ein Querpass entlang des Strafraums landet bei Dem, dessen Abschluss in den Armen von Poggenborg.
CFC-Negativspirale und Reaktion
Nach einem Viertel hatten sich die Mannschaften etwas gefunden, Chemnitz vielleicht etwas mehr Spielanteile. Und in diese Phase hinein trifft Köln. Pazurek führt 30 Meter vor dem Chemnitzer Tor den Ball, legt ihn an Kaffenberger vorbei, kommt so zwischen die Ketten. Röseler kommt ihm entgegen, zu langsam, fälscht den Schuss unhaltbar zur Bogenlampe ab (22′). Mit dem Gegentor nahm auch der Niederschlag zu, was den Unmut auf der Tribüne verstärkte. Der Wind hielt den Schnee schön im Stadion, sodass eine Gischt nach der anderen den spärlich anwesenden Fans (5.119) ins Gesicht schlug.
Mit etwas Abstand muss man sagen, dass in dieser Phase ein richtiges Spiel auf dem Untergrund kaum möglich war. Chemnitz Passspiel funktionierte vielleicht etwas besser. Das Problem war eben der Versuch die Bälle flach zu halten. Wo Fortuna auf Königs lumpte, suchten die Gastgeber immer nochmal quer Fink, eben wie gewohnt. Der traf immerhin einmal das Außennetz (27′). Auch Lönings Spiel war vergleichsweise unglücklich. Als Wühler lebt auch er eher von flachen Zuspielen und der Bewegung. Köln war so direkter, Königs und Biada sorgten für Gefahr. Doch beide Teams brachten kaum drei Stationen aneinander. In dem Moment nahm man das auf der Tribüne anders war. Große Teile der aktiven Fanszene waren aus Protest über die gezeigten Leistungen in den vergangenen Wochen eh weggeblieben. Stimmung ging so nur von den Gästefans aus, während man auf der Süd und Gegengerade jeden Zwischenruf hörte. Fehlpässe und Verstolperer wurden mit Pfiffen quittiert, semigefährliche Aktionen der Gäste mit “Heine raus!”-Rufen. Das trug natürlich zur Verunsicherung der Mannschaft bei, sodass man bis zur Halbzeit in einer Art Negativspirale landete. Müsste man schon eine Woche vor dem ersten Advent eine Kerze für den CFC anzünden?
Im Fußball gleichen sich manche Dinge ja über die Saison aus, manche auch noch im selben Spiel. War der Kölner Führungstreffer abgefälscht doch eher ein Sonntagsschuss. So kam der Ausgleich auch glücklich daher. Kaffenberger bringt einen Freistoß vom linken Flügel scharf in den Strafraum. Andersen ist der erste Gegenspieler in der Flugbahn, fälscht den Ball unhaltbar ins lange Eck ab (47′). Auch in der Entstehung lässt sich eine Parallele ziehen. Chemnitz ließ in Halbzeit eins Pazurek einfach laufen und gab ihm beim 0:1 zu viel Platz. Nun verschuldeten die Kölner den Freistoß zum 1:1 völlig unnötig. Chemnitz stand auf dem Flügel drei gegen vier, hatte eigentlich gar keine Möglichkeit dort Gefahr zu entwickeln. Man nimmt, was man kriegt.
Köln kam mit Druck zurück, setzte die Chemnitzer mal wieder fest. Cincotta und Löning deuteten im Konter Gefahr an. Das Rausrücken funktionierte nun besser. Insgesamt sorgte der Ausgleich für Rückenwind. Man nahm das Spiel besser an, es wurde ein offener Schlagabtausch im Mittelfeld. Die drei gelben Karten des Spiels kamen in der Phase zehn Minuten nach dem Treffer, allesamt Fouls im Niemandsland. Ein weiteres führte zum 2:1. Wieder war es Kaffenberger, der einen Freistoß tief von der rechten Flanke in den Strafraum schlug. Danneberg – zur Pause für Dartsch eingewechselt – steht mit dem Rücken zum Tor, zieht den Kopfball aus der Drehung ins lange Eck (64′).
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Der Schneefall ließ in Halbzeit zwei zwar nach. Der Untergrund blieb trotzdem schwer zu bespielen.
Chemnitz hatte nun den Vorteil sich stellen zu können. Conrad und Röseler kamen fehlerfrei über die 90 Minuten. Dem ging weite Wege, war überall zu finden. Entgegen der Reaktion in Hälfte eins, war die Führung nun fast ein Selbstläufer. Gefahr ging von Köln kaum mehr aus. Ein weiterer Standard sorgte für die Entscheidung: Fortuna klärt eine Ecke schlecht, quer zum Tor. Der Ball landet bei Fink, der aus kurzer Distanz keine Probleme hat und den Endstand von 3:1 besorgt (81′).
Es bleibt eklatant, wie sehr die Mannschaft psychisch vom Spielverlauf abhängig ist. Auch wenn man die Witterungsbedingungen rausnimmt. “Spiel nach Rückstand gedreht” klingt sicher gut. Die Reaktion nach dem Gegentreffer sah jedoch gar nicht zuversichtlich aus. Mit jedem eigenen Treffer wurde die Mannschaft dann sicherer, nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Was man davon mitnehmen kann, bleibt fraglich. Wie im Podcast letzte Woche erwähnt, wäre es Zeit mal eine Serie von mehreren ordentlichen Spielen zu starten. Das war vielleicht der erste Schritt. Nächsten Samstag geht es nach Osnabrück. Der VfL ist seit acht Ligaspielen ungeschlagen und liegt auf Rang fünf.
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