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Analyse Dynamo Dresden 2:1 Würzburger Kickers

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Dynamo Dresden schließt das Halbjahr mit einem Sieg ab. Wieder war es mühsam und uninspiriert. Nach fünf Unentschieden in Folge wird ihnen das zunächst egal sein. Doch scheinbar wissen die Gegner nun, wie man die SGD bespielen muss. Eine Analyse.

In den letzten Wochen hat sich Dynamo schwer getan. Das Belegen die – für Dresdner Verhältnisse – mageren Ergebnisse. Natürlich ging es in der Serie teils gegen schwere Gegner, etwa Aue, Münster oder Großaspach. Letzte Woche rettete Dynamo in der 90. Minute ein 1:1 bei der Zweiten des VfB. Die junge Truppe hatte den Plan von Aue, Aspach & Co. im Spiel gegen Dresden perfekt umgesetzt und den Tabellenführer am Rande der Niederlage.

Nun kam mit Würzburg die zweitbeste Auswärtsmannschaft der Liga nach Dresden. Nur drei Gegentore hatten die Kickers bis dato in der Ferne kassiert. Auf die gute Auswärtsbilanz angesprochen, sagte Neuhaus diese “resultiert nicht nur daraus, dass man sich hinten verbarrikadiert. Sondern sie suchen den Weg nach vorne, versuchen früh zu stören.” Perfekt also für ein Spiel gegen Dynamo. Denn genau im Spielaufbau lagen bei Dresden die Probleme in den letzten Wochen; zeitmäßig deckungsgleich mit der Herausnahme (und nun Sperre) von Aosmann.

Insgesamt wirkte die Dresdner Mannschaft müde. So war auch die mangelnde Bewegung in der Offensive ein Grund für die letzten Resultate. Gerade Eilers und Stefaniak wirkten überspielt, wurden ob ihrer unbestreitbaren individuellen Klasse stets als Notlösung gesucht. Das zentrale Mittelfeld-Dreieck aus Moll, Lambertz und Hartmann ist defensiv-geprägt, tat sich mit dem Spielaufbau schwer. Alles Punkte, die zu Wechseln in der Startelf führen könnten und sollten. Neuhaus schickte aber dieselbe Elf auf den Platz, wie noch vergangenen Freitag in Stuttgart.

Anders sein Gegenüber. Würzburg trennte sich in der Vorwoche 0:0 mit Wiesbaden. Im Vergleich nahm Trainer Bernd Hollerbach zwei Änderungen an seiner Mannschaft vor, die sogleich auf die angepeilte Taktik schließen lassen. Nagy musst Karsanidis weichen, eine dezent defensivere Variante im zentralen Mittelfeld. Sturmspitze Jabiri wurde von Bieber ersetzt. Jabiri gehört mit seinen 1,87m sicher nicht zu den kleinen Zielspielern, Bieber ist mit 1,96m noch eine Ecke größer. Das ließ natürlich hohe Bälle auf den vordersten Mann erwarten. Richtige Goalgetter sind beide nicht. Würzburg ging mit 13 Gegentoren (die wenigsten) aber auch nur 17 geschossenen Toren ins Spiel. Das ist die zweitschlechteste Marke der Liga. Kein Spieler der Würzburger hat mehr als drei Treffer erzielt. Dabei hat man gerade in der zweiten Reihe mit Schapourzadeh, Benatelli und Daghfous interessante Spieler.

Die Gäste schienen also prädestiniert für einen guten Auswärtsauftritt in Dresden. Stark und diszipliniert gegen den Ball, dann mit Geschwindigkeit nach vorne. Man müsse nur – wie Stuttgart – hoffen, dass man eine der wenigen Chancen, die man bekommt dann auch macht. Somit war die Frage auf Dresdner Seite, wie würde man diese Woche darauf reagieren, wie die Spieleröffnung gestalten.

Wie man Dynamo in Schach hält

Würzburg hatte die Spielweise der Aspacher und Stuttgarter genau studiert und für effektiv befunden. Die Taktik im Groben: 4-5-1 gegen den Ball, die Viererkette steht ca. 35 Meter vor dem eigenen Tor, kein Pressing bzw. Anlaufen, selbst Bieber verharrte im Mittelkreis. Der Fokus liegt auf dem Zustellen der Anspielstationen im Mittelfeld, dem frühen Stören dort bei der Ballannahme, bevorzugt durch zwei Spieler. Auch Würzburg überließ der Dresdner Hintermannschaft samt Moll den Ball. Dynamos Antwort war zunächst die gleiche: Pässe quer durch die Viererkette, langsames Suchen von Anspielstationen, irgendwann der lange Diagonalball auf Eilers oder Stefaniak.

Neu war nach etwa zehn Minuten die Variante “Modica führt den Ball in die gegnerische Hälfte”. Würzburg reagierte darauf kaum, wich eher noch im Umkreis zurück und wollte keine Anspielstation freigeben. Über zwei Stationen hatte man so dann mal Stefaniak bis an die Eckfahne freigespielt (11′). Insgesamt fehlte es aber in der zweiten Reihe an Bewegung. So war Dresden gezwungen den Ball hinten kreisen zu lassen, was durchaus fehlerbehaftet war, spätestens beim ersten vertikalen Ball. Von hinten entwickelte Dresden keine Gefahr. So kam die erste gute Chance auch aus einem hohen Ballgewinn in der Würzburger Hälfte. Moll unterbindet einen Konter der Würzburger, Lambertz sammelt den Ball auf. Von halbrechts zieht Eilers in den Strafraum, wird von Lambertz steil bedient, setzt seinen Lupfer zwar über Wulnikowski hinweg aber auch an die Latte (19′).

Würzburg hatte sich in den Momenten zuvor auf wahnsinnig knappem Raum im Mittelfeld versammelt. Zeitweise standen alle zwanzig Feldspieler auf zwei Rasenstreifen, die auf Höhe des Mittelkreises verliefen; also auf 20 (tief) mal 30 (breit) Metern. Ganz so aggressiv schob Würzburg nach dem Lattentreffer nicht mehr raus. Platz hinter der Abwehr war dennoch. Verwunderlich dann, dass Dresden nie den langen Ball dahinter suchte und mal Testroet schickte. Man agierte ja mit langen Bällen, aber von hinten raus nur diagonal auf Eilers und Stefaniak. Letzterer machte es dann mal anders und leitete so den Führungstreffer ein: Auch hier stand Würzburg nur knapp hinter der eigenen Mittellinie, hatte gerade in der Vorwärtsbewegung den Ball verloren. Stefaniak führt ihn auf rechts, sieht in der Mitte Lambertz starten und schickt ihn steil. Der verzögert vor dem Tor fast zu lange, zieht aber Wulnikowski und wartet auf Testroet, legt noch mal quer. Testroet schiebt unbedrängt ins leere Tor (27′).

Dynamo (gelb) mit dem Angriff zum 1:0: Lambertz (17) lauert an der Kante zum Abseits, wird von Stefaniak (34) schickt ihn steil. Auf rechts läuft Testroet (37) mit, der seine Bewacher abschüttelt und von Lambertz noch mal quer bedient wird.

Dynamo (gelb) mit dem Angriff zum 1:0: Lambertz (17) lauert an der Kante zum Abseits, Stefaniak (34) schickt ihn steil. Auf rechts läuft Testroet (37) mit, der seine Bewacher abschüttelt und von Lambertz noch mal quer bedient wird.

Würzburg reagierte, störte nun wesentlich früher und lief bis zu Blaswich an. Erstmals gingen auch die Abschläge vom Dresdner Tor lang weg statt kurz auf Modica oder Hefele. Das Spiel war nun weit auseinander gezogen, die Dresdner Offensive nicht mehr ganz so eng gedeckt. Testroet konnte einen langen Ball gut verarbeiten, ließ per Brust auf Stefaniak tropfen, der in der Mitte Hartmann bedient (35′). Zwar verzieht der seinen Abschluß, aber hier spielte Dresden endlich mal schnell und direkt, jeweils mit einer Ballberührung.

Würzburg hatte bis hierhin zwar gut gegen den Ball gearbeitet und das Dresdner Spiel unterbunden, aber auch wenig eigene Gefahr entwickelt. Aktivposten war Schapourzadeh auf rechts, der häufig im eins gegen eins bis zur Torlinie durchkam. So fiel der Ausgleich auch eher zufällig. Natürlich greift Blaswich beim Fernschuss von Karsanidis vorbei. Dresden verteidigt die Szene zuvor jedoch auch schlecht. Daghfous kann von links unbedrängt flanken, niemand geht bei Dresden auf den zweiten Ball. So hat Karsanidis massig Platz in der Zentrale vor dem Tor (37′).

Interessant, dass Würzburg nun nicht zur Ausgangsspielweise zurückging, sondern weiter früh störte. Bei den Dresdner hat es sichtlich gerattert. Die Kickers in dieser Phase mit ihren meisten Spielanteilen in Halbzeit eins. Wieder Daghfous über links, der erstmals am Elfmeterpunkt Bieber in Szene setzt. Sein Kopfball landet an der Latte (41′). Kaum sieht es so aus, dass sich Dresden hauptsächlich in die Pause retten will, da treffen sie überraschend erneut. Benatelli foult unnötigerweise Hartmann ca. 30 Meter zentral vor dem Tor. Der Freistoß kommt eher ungefährlich, wird noch mal quergelegt. Wulnikowski hält zunächst stark aus kurzer Distanz, ein zweiter Abschluss wird abgeblockt, den dritten verwandelt Eilers aus 5 Metern zum 2:1 (45′).

Würzburg nach vorne mit fehlender Abstimmung

Das Spiel wird in Halbzeit zwei offener, Raum zum Kontern für Dresden deutet sich gleich zu Beginn an. Dynamo überlässt Würzburg mehr und mehr Spielanteile, steht überraschend tief bei Ballbesitz der Gäste, etwa 20 Meter vor dem eigenen Tor. Zunächst aber noch weit auseinander gezogen, da Testroet und wechselnd Lambertz und Hartmann die ballführenden Verteidiger anlaufen. Mit der Zeit lässt sich Dynamo weiter hinten reindrängen, steht bis auf Testroet komplett um den eigenen Strafraum. Nach gut einer Stunde setzt sich Würzburg dann auch erstmals richtig in der Dresdner Hälfte fest, sammelt Standards. Belagerungszustand? Nunja, die meisten Flanken segeln ungefährlich, da zu ungenau durch den Strafraum. Dresden macht sich die Dinger selber scharf, da man nicht konsequent genug klärt und dann gezielt hinten rausspielt. Vielmehr kommt Würzburg an die zweiten Bälle, eben wie beim Ausgleich zum 1:1.

Fairerweise muss man sagen, dass die Kickers auch in dieser offensivsten Phase kaum richtige Torgefahr entwickeln. Bieber ist überhaupt nicht im Spiel eingebunden. Flanken kommen nicht mal in seine Nähe, sobald er sich bewegt. Da stimmte kein Laufweg. Viel Stückwerk von Schapourzadeh und Daghfous über Außen. Aber auch das unterband Dresden nun besser, weil man eben mal zu zweit draufging. Trotzdem ist erkennbar, dass Dynamo mal eine Pause braucht. Sinnbildlich ein Ballverlust im Mittelkreis: Moll, Lambertz und Testroet stehen alle rings um den Ball, niemand agiert bis ein Würzburger dazwischenspitzt und ihnen einfach das Spielgerät klaut (70′).

Neuhaus wechselt in der Schlussphase mit Stefaniak, Lambertz und Testroet fast die komplette Offensive aus; bringt mit Tekerci, Andrich und Jim-Patrick Müller defensivere Alternativen. Würzburg stellte die Dresdner Hintermannschaft kaum noch vor Probleme. Man hatte allerdings auch nicht das Gefühl, Dynamo könnte nochmals den Schalter umlegen. Man wollte hauptsächlich das 2:1 über die Zeit retten. Erneut schien die Mannschaft müde, dabei hatten die Gäste mehr Laufarbeit. Am Ende hält man aber die Kickers lange genug vom eigenen Tor weg. Nicklichkeiten von beiden Seiten bringen den Spielfluss zum Erliegen.

Ja, Dynamo gewinnt wieder. Und ja, im Dezember muss man auch mal dreckig und nicht unbedingt mit Schönspielerei gewinnen. Aber: Die letzten drei, vier Partien haben gezeigt, wie man Dresden beikommen kann. Nur muss man selbst noch mehr nach vorne unternehmen als es Würzburg gestern getan hat. Den Gegnern 2016 ist die Grundtaktik gelegt.



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