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Channel: Spielbeobachtung – Calcio Chemnitz
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Analyse: Sassuolo – Milan 2:0, Di Francesco gibt Visitenkarte ab

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Fußball ist ein Tagesgeschäft. Elf Spiele in Folge war Milan ungeschlagen, hatte sich auf Platz sechs eingenistet. Am Sonntag verlor die Truppe von Sinisa Mihajlovic beim Tabellensiebten Sassuolo. Die Neroverdi rücken damit bis auf drei Punkte heran. Und Trainer Eusebio Di Francesco wird zum Sommer bei den Rossoneri als möglicher Nachfolger von Mihajlovic gehandelt.

Allzu grandios hatte Sassuolo die Partie gar nicht dominiert. Den ersten Ansturm Milans hatten sie überstanden, trafen dann mit einer cleveren Eckenvariante. In der Folge gaben sich die Gäste immer weiter auf. Spätestens als Mihajlovic nach dem 2:0 auf die Tribüne verbannt wurde, entwich seiner Mannschaft jegliche Zuversicht. Dabei hatte es zu Beginn noch ordentlich ausgesehen.

Formationen und Wechsel

Mihajlovic hatte umbauen müssen: Abate war gesperrt, Niang verletzt. So rückten De Sciglio und Balotelli in die Startelf. Milan positionierte sich im flachen 4-4-2, leicht asymmetrisch, denn Honda interpretierte seine Rolle im rechten Mittelfeld freier als Bonaventura auf links. Beide sollten aber einrücken, sodass die Außenverteidiger hinterliefen und mehr Breite ins Spiel brachten.

Sassuolo konterte dies mit einem 4-2-1-3. Di Francesco hatte den Luxus, der siegreichen Elf bei Lazio, Missiroli hinzuzufügen. Der Sechser war in der Vorwoche gesperrt, rückte aber wieder für Biondini in die Anfangsformation. Entscheidend war die Besetzung der Flügel: Berardi rechts und vor allem Sansone links würden die Partie dominieren. Das deutete sich bereits früh an, Sansone fand die Freiräume zwischen den Mailänder Viererketten. Die Mittelfeldzentrale war aufgerückt, hatte im Umschalten den Ball verloren. Bonaventura sah in der ersten Minute Gelb für Halten, um Sansone zu stoppen.

Beide Mannschaften verlegten sich auf das Flügelspiel. Während Milan auf überlaufenden Außenverteidigern bis ins vorderste Drittel setzte, kam die Eröffnung von Sassuolo diagonal vom Innenverteidiger auf den gegenüberliegenden Flügel oder kurz auf den zurückfallenden Außenstürmer. Berardi und Sansone schleppten dann aus der eigenen Hälfte.

Besetzte Sansone dabei die linke Flanke und zog nicht nach innen, dämmte das De Sciglios Offensivdrang. Milan musste sich etwas einfallen lassen. Die zwischenzeitliche Option auch Honda als zusätzlichen Rechtsverteidiger zu nutzen, hätte auf Dauer die halbe Offensive zweckentfremdet. Vielmehr rückte Honda hinter die Spitzen, die Sechser Kucka und Bertolacci orientierten sich breiter. Nicht selten deckten beide gemeinsam den selben Flügel.

Milan mit Pressing zunächst erfolgreich

Auch im Pressing waren Kucka und Bertolacci gefordert. Hier zeigten sich die Bruchstellen im System der Rossoneri. Bis zur Halbstundenmarke spielten sie dieses Angriffspressing sehr aggressiv, teils zu fünft oder sechst. Dabei war mindestens einer, wenn nicht beide aus der Zentrale mit eingeschlossen. Das funktionierte, weil die Abwehrkette bis an die Mittellinie aufrückte. Später tat sie das nicht mehr so konsequent, was vor allem Duncan im offensiven Mittelfeld Räume eröffnete.

Aber soweit war Sassuolo noch nicht. In der Phase vor dem 1:0 taten sie sich durchaus schwer, das Mailänder Pressing zu überspielen. Manganelli ließ sich fallen, um zu unterstützen. Kurz versuchten sie es selten, durch die Mitte fast gar nicht, lang war die Fehlpassquote sehr hoch. Zudem leisteten sich die Neroverdi viele Fouls im Halbfeld. Sassuolo stand mit sechs oder sieben Mann eng gestaffelt an der Strafraumkante. Kucka kam ansatzlos nach einem Abpraller zum besten Abschluss, zog aus 25 Metern ab (26′). Consigli parierte.

Alle Pässe, die Sassuolo vor dem 1:0 vorwärts spielte; StatsZone 442

Alle Pässe, die Sassuolo vor dem 1:0 vorwärts spielte, blaue kamen an, rote nicht; StatsZone FourFourTwo.

Quasi im Gegenzug bekamen die Hausherren eine Ecke zugesprochen. Berardi brachte die Hereingabe flach und mit Schnitt an den Strafraumkreis. Sansone band seinen Bewacher, zog ihn mit einem cleveren Lauf aus dem Passweg. Es war der einzige Mailänder, der den Rückraum vor der Box deckte. So kam Duncan mit Anlauf aus der Deckung, nahm die Flanke im vollen Spurt Vollspann und nagelte ihn unhaltbar unters Tordach (27′).

In der Folge offenbarte sich die angesprochene Bruchstelle bei Milan. Sassuolo versammelte sich komplett hinter dem Ball. Mittelstürmer Defrel stand am unteren Mittelkreisende an vorderster Position. Milan verschob nicht mehr konsequent. Entweder waren Honda oder Bonaventura auf dem Flügel allein, fanden keine Anspielstation. Oder die Offensiven arbeiteten nach Ballverlust nicht mehr nach hinten. Sassuolo überspielte die dünne Zentrale mit schnellen vertikalen Pässen, überbrückten so in wenigen Stationen den Raum zwischen den Strafräumen. Missiroli hatte mehrfach Tageslicht vor sich, schleppte dann 20-30 Meter.

Eine schöne Zusammenarbeit der drei Stürmer hätte beinahe vor der Pause das 2:0 besorgt: Sansone zog mit einem Solo nach innen, Alex damit aus der Linie. Er nutzte Defrel als Bande im Doppelpass, ging in den Strafraum und legte auf den eingerückten Bernardi quer. Donnarumma klärt in höchster Not (42′).

Milan fällt auseinander, Sassuolo profitiert

Milan baute nach dem Seitenwechsel immer weiter ab. Balotelli sollte sich fallen lassen, um im Mittelfeld für Überzahl zu sorgen, präsentierte sich dabei aber so lustlos, dass er zehn Minuten später ausgewechselt wurde. Sassuolo reagierte, zog das Dreiermittelfeld zusammen, das noch innerhalb der Außenverteidiger stand. Das verdichtete das Zentrum. Rechtsverteidiger Vrsaljko entdeckte Anfang der zweiten Hälfte die gegnerische Hälfte, wagte sich anschließend häufig bis zur fernen Torauslinie.

Milan präsentierte sich insgesamt viel zu passiv, selbst wenn sie mit ausreichender Überzahl gegen nur drei Stürmer standen. Berardi hielt bspw. ein Zuspiel von Sansone zu lange, Antonelli und Zapata waren da, griffen ihn nicht an. So zwang er mit einem Schlenzer Donnarumma noch zur Parade (52′). Milan hatte noch andere Probleme, sichtbare Schwierigkeiten das Spiel überhaupt aufzubauen, geschweige denn Angriffe zu fahren. Die einzige Idee war, Sassuolo aus der Deckung zu locken, um dann den weiten Ball zu schlagen. Milan leistete sich zu viele Fehlpässe im Mittelfeld, zeigte danach aber keinerlei Druck auf den Ball.

Sassuolo war dem zweiten Tor näher und machte es auch. Nach einem Einwurf über rechts kombinierten sich der eingewechselte Biondini, Vrsaljko und Berardi durch. Vrsaljko fand vom Fünfmeterraum mit einem Rückpass den freien Sansone, der nur noch zum Siegtreffer einschieben musste (72′). Mihajlovic beschwerte sich zu recht beim Schiedsrichter, dass Biondini bei einer Ballannahme Bertolacci gefoult hatte. Allerdings tat er dies so heftig, dass er kurzerhand auf die Tribüne verbannt wurde.

Milan verlor mit dem erneuten Gegentreffer jegliches Feuer. Nicht einmal Defrels unsinniger Platzverweis half. Der Stürmer hatte sich binnen 13 Minuten zwei unnötige Fouls geleistet, als er mit vielen Teamkameraden im Rücken zwei Konter unterband. Die Unterzahl ließ sich Sassuolo nicht anmerken. Geschickt hielten sie die Gäste auch ohne Ballbesitz vom eigenen Tor weg. Consiglis Abschläge kamen allesamt lang, Hauptsache das Spiel in die Mailänder Hälfte zu verlagern. Die Gäste waren in der Folge zu langsam und unkreativ, Sassuolo vor Probleme zu stellen.

Milan muss nächstes Wochenende wieder auswärts ran, hat am Samstag Chievo vor der Brust. Sassuolo darf sich am Freitag bereits bei Juve versuchen.


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