Wird ja auch kälter, jetzt wo es auf die Winterpause zugeht. “Eng” ist natürlich relativ: Dresden und Chemnitz trennen außer Spielwitz auch schmale 16 Punkte. Aber während Dynamo in Aspach nicht über ein 0:0 hinauskam, gewannen Chemnitz und Aue ihre Spiele. Ein paar Gedanken zum 19. Spieltag.
Die Hinrunde ist zwar rum. Vor Weihnachten stehen aber noch zwei Spieltage an, die aktuelle Tabelle ist damit die vielbeschworene Momentaufnahme. Dort liegt der Chemnitzer FC zur Zeit auf Rang acht, in Schlagdistanz auf die Dresden-Verfolger. Fünf Punkte Rückstand sind es auf den Relegationsplatz zum Aufstieg. Doch das ist trügerisch, denn die Relegation gegen den Abstieg ist auch nur acht Punkte entfernt. Zu Gast an der Fischerwiese war am Wochenende passenderweise Tabellenschlusslicht Stuttgarter Kickers.
Chemnitzer FC 1:0 Stuttgarter Kickers
Im Vorjahr schlossen die Kickers die Saison auf Rang vier ab. Da standen sie auch heuer nach acht Runden. Mitte September setzte der Niedergang ein: Die Niederlage in Chemnitz war die neunte in den letzten elf Spielen. In dieser Zeit sammelte man zwei kümmerliche Punkte (3:3 in Wiesbaden, 1:1 in Halle). Auch ein Trainerwechsel half nicht. Gegen den ebenfalls abstiegsbedrohten Nachwuchs von Werder Bremen setzte es in der Vorwoche daheim ein 0:2. Die Fankurve quittierte dies mit dem Singen von Weihnachtsliedern. Man war am Boden der Tabelle angekommen.
Am Samstag ließ sich über lange Zeit jedoch nicht sagen, welche Mannschaft da auf dem Feld der Tabellenletzte ist. Und das lag weniger an starken Stuttgartern, denn an unsicheren Chemnitzern. Der November der Himmelblauen war ein stetes Hin-und-her. Dem glücklichen Sieg über Fortuna Köln (3:1) folgte ein chanceloser Auftritt in Osnabrück (2:0). Zwar hielt man dort gut gegen, nur nach vorne lief nichts zusammen. Das Spiel gegen die Kickers war eine Fortsetzung dessen: Sehr viel Klein-klein, alles ein bischen zu kompliziert und mit mangelnder Abstimmung. Hinzu kam, dass mit Stenzel und Kaffenberger kurzfristig zwei Grundpfeiler der Mannschaft krankheitsbedingt ausfielen. Jamil Dem war eh gelbgesperrt. So ergab die Pflickschusterei ein Mittelfeld von Ofosu, Danneberg, Cecen, Türpitz. Den Kickers brachte das viel Platz in der Zentrale. Besonders eklatant wurde dies, wenn Chemnitz tief stand. In der Zone 25 bis 30 Meter mittig vor dem Tor kamen die Gäste zu zahllosen Abschlüssen, näherten sich im Laufe der ersten Halbzeit an.
Entlastung schafften die Himmelblauen selten. Löning und Fink hingen in der Luft. Ofosu versuchte sich auf beiden Seiten, dribbelte sich aber mehrfach in zwei, drei Stuttgartern fest. Jendrossek – noch in Vertretung von Karsten Heine – stellte auf die in Osnabrück erprobte Variante um, wonach Danneberg die zweite Spitze neben Löning gab und Fink aus dem Mittelfeld kam. Nach gut einer Stunde dann endlich der erste Einsatz von Matti Steinmann seit September. Mit dem Wechsel von Cecen auf Steinmann und dem tieferen Fink gelang zusehends auch mehr “Zugriff” auf’s Spiel.
Zeitgleich (Henne/Ei) kam auch das Publikum – eigentlich im Stimmungsboykott – zunächst zaghaft, dann mit der aufgestauten Energie aus zweieinhalb Spielen. So schaukelte man sich gegenseitig zur ersten Drangphase im Chemnitzer Spiel. Nach einer Eckenvariante landete der Ball im Rückraum vor dem Stuttgarter Tor. Cincotta schloss aus 20 Metern zum 1:0 ab. In der Folge “verdiente” sich der CFC dann auch die Führung, wenn man die Spielanteile und Chancen gegenrechnet. Fink hatte das 2:0 nach einem schönen Abschluss aus der Drehung auf dem Fuß.
Hinterher kann man sowas als “Arbeitssieg” verkaufen. Erneut war aber eklatant, wie verunsichert die Chemnitzer Mannschaft ist. Die kurzfristigen Ausfälle halfen dabei natürlich nicht. Aber von der Tribüne wirkte es, als wolle jeder in der Hauptsache ja keinen Fehler machen. So spielte man nicht, um zu gewinnen, sondern um nicht zu verlieren. Hätte einer der Stuttgarter Abschlüsse gepasst oder wäre wie bei Fortuna abgefälscht reingegangen, ein Comeback wollte man den Himmelblauen nicht zutrauen. So traf der CFC selber zuerst, spielte die restliche Partie dann überraschend entspannt runter. Den Schwung muss man endlich mal in die nächsten Spiele mitnehmen, um vor der Winterpause noch eine kleine Serie zu starten. Mit dem VfR Aalen kommt nächste Woche der Tabellenelfte an die Fischerwiese.
SG Sonnenhof Großaspach 0:0 SG Dynamo Dresden
Bereits am Freitagabend kam es in Aspach zum Topspiel des 19. Spieltags. Der Zweite empfing den Ersten. Dynamo hatte man sicher an der Tabellenspitze erwartet, wenn vielleicht auch nicht ganz so dominant. Dass aber Großaspach zu diesem Zeitpunkt auch in den Aufstiegsrängen liegt, hätten wohl die Wenigsten getippt. Heuer spielt man erst die zweite Saison in Liga 3. Im Sommer entging Aspach denkbar knapp dem sofortigen Wiederabstieg: Platz 15. Normalerweise heißt es: “Das zweite Jahr ist immer das schwerste!” Aber Aspach ist einfach beständig. Ab September hat man einzig ein Spiel verloren (3:1 in Kiel). Vor dem direkten Duell mit Dynamo stellte man gar die zweitbeste Offensive der Liga! Nur eben Dresden hatte häufiger getroffen.
Historisch begegneten sich Dresden und Aspach ganze zweimal; letzte Saison. Da gewann jeweils die Auswärtsmannschaft. Nicht so clever, dass schätzungsweise 6.000 Dresdner Fans die Fahrt nach Würtemberg kurzerhand zum Heimspiel machten. Die SG Sonnenhof vermeldete erstmals in der Vereinsgeschichte: “Ausverkauft”. 9.751 sahen denn vor Anpfiff eine rot-gelbe Pyroshow zum 15-jährigen Bestehen der Dresdner Ultras. Beim SWR war man sich wohl über den Standpunkt des Senders dazu uneinig. “Solche Szenen will niemand sehen!”, verlautbarte der Kommentator. Die Regie hielt derweil voll drauf.
Neben der gewohnten Rotation rechts hinten (Kreuzer für Teixeira), musste Uwe Neuhaus im zentralen Mittelfeld umstellen. Aios Aosmann wurde nachträglich zum Spiel gegen Münster für ein vermeintliches Anspucken des Gegners vier Spiele gesperrt. In Aspach wurde er durch Marco Hartmann ersetzt. Das Mittelfeld-Trio Hartmann, Moll, Lambertz ist sicherlich die defensivste Variante. Das sollte sich im Spiel widerspiegeln. Der Aspacher Platzwart wird nach dem Spiel auf dem Fleck zwischen Hefele und Modica am meisten zu tun gehabt haben. Dort zirkulierte der Ball am meisten. Die Gastgeber machten wohl einen guten Job, die Anspielstationen abzudecken. Am Bildschirm konnte man das, ob der Kameraführung nicht nachvollziehen. Der SWR zeigte beharrlich einen vergleichsweise winzigen Ausschnitt rund um den Ball.
Immerhin ließ sich erahnen, dass sich Dresden lange Zeit schwertat, sich überhaupt in das letzte Drittel zu kombinieren. Aspach zeigte zunächst hohes Pressing, ließ sich jedoch immer tiefer fallen. An der Dresdner Abwehrkette lauerte Tobias Rühle, der bei Ballgewinn sofort mit langen Zuspielen gesucht wurde. Die Gastgeber zeigten sich insgesamt stark, wenn sie Situationen witterten, die zu guten Kontersituationen führen könnten. Bei Dresden hingegen war auffällig, wie Hartmann und Moll, die ja als Ballverteiler agieren sollten, häufig den sicheren Querpass wählten, das Spiel so verlangsamten. Hier “rächte” sich die defensive Variante, möglichweise wäre Jim-Patrick Müller da eine bessere Alternative gewesen. Die Form in den letzten Wochen stimmt ja.
Gefährlich wurde es in beiden Strafräumen hauptsächlich nach Standardsituationen. Sowohl Blaswich als auch Gäng zeigten gute Paraden, hielten ihre Mannschaften so im Spiel. Testroet schickt bspw. in der 30. Eilers auf links. Der lässt mit einem Haken Leist aussteigen und holt eine Ecke. Gäng klärt gläzend aus kurzer Distanz. Kurz vor der Pause auf der anderen Seite: Schröcks Abschluss von der Strafraumkante wird noch abgefälscht, kommt daher tückisch aufs lange Eck. Blaswich kommt nicht mehr heran, der Ball prallt vom Pfosten in die Mitte zu einem Angreifer. Blaswich liegt eigentlich noch am Boden, bekommt aber noch die Hände an den anschließenden Kopfball.
In Halbzeit zwei bringt Neuhaus Dürholtz und Tekerci. Die besseren Chancen hat aber Aspach. Einzig eine Kombination über Modica, Moll, Testroet und Eilers überückt einmal mit wenigen Ballkontakten 50 Meter, lässt Eilers frei vor dem Tor auftauchen. Eilers hebt den Ball über den rausstürmenden Gäng, setzt ihn aber auch am Tor vorbei. In der Schlussphase wirkt Dresden sogar müder. Die Punkteteilung geht insgesamt in Ordnung. Dynamo wartet nun seit Ende Oktober auf einen Sieg. Die letzten vier Spiele gingen allesamt Unentschieden aus. Nach zwölf Siegen in den ersten 15 Spielen korrigiert sich die Dresdner Bilanz nun selber etwas nach unten. Die Serie mit zuletzt Wiesbaden, Aue, Münster und Großaspach ist auch nicht die einfachste. Kommende Woche geht es bei Stuttgart II dann in die Rückrunde.
SC Preußen Münster 0:1 FC Erzgebirge Aue
War das torlose Remis in Aspach noch ein 0:0 der besseren Sorte, so zeigte die erste Stunde in Münster den worst-case. Ein Spiel, das nur Trainer mögen können. In Aspach standen sich auch die torgefährlichsten Mannschaften der Liga 3 gegenüber. Aue geizt vor dem gegnerischen Tor sowieso die ganze Saison, Münster zumindest in letzter Zeit. Das letzte Ligator der Preußen liegt mittlerweile vier Spiele zurück. Gegen Wiesbaden und Dresden behielt man zuvor denn auch eine weiße Weste und so den dritten Rang in der Tabelle. Nun zog Aue im direkten Duell vorbei.
Dabei vertraute Pavel Dotchev zum vierten Mal der gleichen Elf. Das offenbarte einen starken Kontrast zum Chemnitzer Spiel. Die Auer Mannschaft hat sich gefunden, konnte sich gegen Münster auch in schwierigeren Phasen auf ihr System verlassen, etwa wenn die Spielanteile eher bei den Gastgebern lagen. Am interessantesten im Auer Spiel ist das Pacing. In der Zentrale harmonieren Riese und Tiffert hervorragend, Kvesic ließ sich häufig zusätzlich fallen. Das Trio kann das Tempo verschleppen oder situationsbedingt anziehen. Noch so eine Parallele zur Chemnitzer Mannschaft. Genau in dieser Region krankt es eben im Kader des CFC.
Was soll man groß zum Spiel sagen? Beide Teams mieden das Risiko, versuchten stets acht, neun Mann hinter dem Ball zu halten. Halbzeit eins sah einen Abschluss von Skarlatidis. Tiffert verzog zudem völlig ungedeckt bei einer Ecke. Fehler leisteten sich beide Hintermannschaften kaum. Einzig Aue konnte aus einem Kapital schlagen: Einwurf Aue auf dem rechten Flügel, etwas Ping-pong spült den ballführenden Kvesic in den Strafraum. In der Mitte ist Riese den weiten Weg in die Spitze mitgegangen, Kvesic bedient ihn mit einem Rückpass, Riese schiebt den Ball ins lange Eck zum 0:1 (66′). Münster hatte dem Nichts mehr entgegen zu setzen.
Der Minimalismus bei Aue ist fast unheimlich. Niemand hat weniger Gegentore kassiert: 13, vier davon beim damaligen Tabellenletzten Bremen II. Aber niemand hat selbst weniger Tore geschossen: 15. In 19 Spielen. Würzburg, Hansa und die Stuttgarter Kickers sind mit 17 am nächsten dran, liegen aber auch auf den Rängen 9, 18 und 20. Aue steht derzeit auf dem Relegationsplatz zum Aufstieg. Das häufigste Ergbnis: 1:0. Mit Männel, Breitkreuz und Susac liegt die Abwehrzentrale unter den Top8-Spielern nach kicker-Noten. In den nächsten Wochen stehen noch schwere Spiele in Osnabrück und gegen Großaspach an.